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Pressemitteilung

Haushaltsrede Helmut Hitscherich

Priorisierung von Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Realisierung mahne ich jedes Jahr an, so auch heute wieder und freue mich, dass andere sich jetzt auf den Zug aufgesprungen sind. (-es gilt das gesprochene Wort-)

Eine Kommune lebt nun einmal von Einnahmen. Im Wesentlichen sind das Steuern, Gebühren und Abgaben. Damit können die vielfältigen Aufgaben von Schulen und Kitts über Straßen und Wegenetz, Kultur, ÖPNV bis hin zur Feuerwehr bewältigt werden. Vor uns liegen allerdings noch viele kostenintensive unerledigte Maßnahmen.

Dank der Haushaltskonsolidierung haben wir Handlungsspielraum erhalten. Es wird immer Nörgler geben, den einen passt die Erhöhung von Steuern und Gebühren nicht, den anderen passt es nicht, dass das oder jene nicht umgesetzt wird. Ohne Haushaltskonsolidierung wäre Vieles was jetzt eingeplant ist, nicht umsetzbar. Wenn man der Haushaltskonsolidierung ohne „Wenn und Aber“ zugestimmt hat, dann sollte man nicht publikumswirksam so tun, als ob man bestimmte Maßnahmen abgelehnt hätte. Ich will damit nicht sagen, dass man über Maßnahmen der Haushaltskonsolidierung nicht nachdenken darf, es könnte ja sein, dass man die Auswirkungen nicht in letzter Konsequenz bedacht hat, dann sollte man aber andere Wege suchen wie man ggf. Abhilfe schaffen könnte.

Die Schlüsselzuweisung ist wieder einmal höher ausgefallen als eingeplant. Einerseits ist das eine schöne Sache, andererseits zeigt es uns dass die Finanzkraft der Stadt schwach ist. Mir wäre es lieber, dass die Gewebesteuereinnahmen höher ausfallen und eine sichere und planbare Einnahmequelle sind. Für die Stadt sind Gewerbesteuereinnahmen aber leider wie eine Achterbahnfahrt.
Dank Einmaleffekten kommen wir in 2017 mit einem blauen Auge davon, ohne diese wären wir hinter Gewerbesteuereinnahmen 2016 zurückgefallen. Je größer der Baumarkt, Gartenmarkt oder Möbelmarkt, desto weniger Gewerbesteuer kommt in die Kasse. Auch die – Ketten- und Billigläden in der Innenstadt bringen uns nicht viel. Was nützt es uns also, dass Kempten als Einkaufsstadt auf dem 8. Platz in Deutschland steht. Dieser Sektor scheint mir keine gute Steuerquelle zu sein. Im vergangenen Jahr wurden auch 2000 neue Arbeitsplätze geschaffen – Vollzeit, Teilzeit, 450 Euro Jobs? Das hätte ja auch Auswirkungen auf Steuereinnahmen haben müssen.
Wir brauchen dringend hochkarätiges, innovatives Gewerbe mit Firmensitz in Kempten und ein breites Angebot um nicht von einigen wenigen abhängig zu sein – siehe Ingolstadt mit Audi. Allerdings helfen uns Firmen mit 25.000 m² Lagerflächen und wenigen Beschäftigten nicht weiter. Ich denke dies ist Konsens im Stadtrat. Eine schnelle Lösung hinsichtlich der Vermarktung bzw. Erschließung neuer Gewerbegebiete muss her. Wir müssen agieren und nicht abwarten. Eine Plattform aus der u.a. die Vorzüge des Wirtschaftsstandortes Kempten hervorgehen wäre sicherlich hilfreich. Ich empfehle die Homepage von Memmingen.

Was besagt es, dass die Rücklage bis 2020 auf 18,5 Mio. Euro anwachsen wird? Es gibt etliche unerledigte Mammutaufgaben. Stadtbibliothek. Was wurde hinsichtlich Stadtbibliothek in der Vergangenheit unternommen? Die Fraktionen wurden aufgefordert Vorschläge zu unterbreiten, Gutachten wurden in Auftrag gegeben, verschiedene Optionen zur Neugestaltung liegen auf dem Tisch. Geschehen ist bis heute nichts. Marstall als Museum. Ganz zu schweigen vom sog. „Alleinstellungsmerkmal“ APC Park mit Römermuseum. Weder in 2020 noch danach sind dafür Haushaltsmittel eingestellt. Leider wurde mein dahingehender Antrag im HFA abgelehnt. Wir haben eine Leiterin APC eingestellt. Sie hat sich sicherlich schon Gedanken über die zukünftige Nutzung des APC Parks und die Kosten gemacht hat. Was ist mit dem Bahnhofsvorplatz? Wir tun so als ob wir über hohe Geldreserven verfügen aber haben für die eben angesprochenen kostenintensiven Maßnahmen noch keinen Cent eingeplant. Die Umgestaltung Stadtpark, Lingpark und möglicherweise ZUM ist auch kein Papenstil. Für die Umsetzung dieser und anderer Maßnahmen sind eine vorausschauende Planung und ein Zeitplan unabdingbar. Ich fordere dazu auf, dass dieses in 2018 geschieht und im Finanzierungszeitraum 2019 Folgejahre seinen Niederschlag findet.
Wie sieht es mit dem Rückbau der Altstadteinfahrt Nord aus? Wo bleibt die Sonderbeleuchtung und Brandbox in der Brandstatt? Was macht der Ausbau der nördl. Bahnhofstraße zur Fußgängerzone? Ich komme mir wie in einem Märchen vor, das da beginnt: vor langer langer Zeit usw.
Die Einführung eines Job Tickets ist grundsätzlich eine gute Sache. Das größte Problem zum Umsteigen vom PKW auf den ÖPNV ist die Anbindung, das Umsteigen an der ZUM und der damit verbundene Zeitaufwand von bis zu einer Stunde um vom Wohnort zur Arbeitsstelle zu kommen. Wer fährt schon mit dem Bus, wenn er mit seinem Auto in 15 Minuten am Arbeitsplatz sein kann und dazu noch einen kostenlosen Parkplatz auf dem Firmengelände hat? Wenn man außerhalb Kemptens wohnt, dann ist es zum Teil noch zeitaufwendiger.
Das Liniennetz muss attraktiver werden. Wir müssen uns aber auch im Klaren sein, dass wir in keinem Ballungszentrum leben, sondern in einer Region mit vielen über die Fläche verteilten Kommunen. Die Anbindung Bus Bahn und umgekehrt funktioniert immer noch nicht, obwohl dieses bereits seit 2010 angemahnt wird. Die Fortschreibung des Nahverkehrsplanes zeigt die Schwächen im ÖPNV deutlich auf. Hochglanzfahrplanhefte helfen da nicht viel. Rasches Handeln ist jetzt gefordert.
Die Leitziele für das Mobilitätskonzept 2030 sind verabschiedet. Jetzt müssen rasch die dazu erforderlichen Maßnahmen definiert, eine Prioritätenliste und ein Zeitplan für deren Umsetzung erstellt werden. In unserem Masterplan Klimaschutz 100% bis 2050 ist in Kapitel 2.5 Visionen vermerkt: Durch Verkehrsberuhigung in der gesamten Innenstadt werden Räume für Kinder geschaffen, die gefahrlos auf Plätzen und Straßen spielen können, Lärmbelästigung durch Verkehr und andere Aktivitäten wurden deutlich reduziert. In der Stadt werden fast alle individuellen Kurzstrecken mit dem ÖPNV, dem Fahrrad, dem Pedelec oder zu Fuß zurückgelegt. Die kombinierte Mobilität in der Stadt hat Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr. Wenn wir das ernsthaft verfolgen wollen, dann dürfen Parkmöglichkeiten nur am Rande der Einkaufs-Innenstadt geschaffen werden. Packen wir das doch morgen an.

Abkürzungsverkehr durch die Innenstadt muss künftig verhindert werden. Über das Chaos Kronenstraße wird seit Jahren debattiert, geschehen ist nach wie vor nichts; das kann so nicht bleiben, es ist schon fast fünf nach 12.

Parken ist der Dauerbrenner in Kempten. Jeder jammert, dass man kaum freie Parkplätze findet. In der Innenstadt gibt es 7.700 öffentliche Parkplätze, wobei der Norden benachteiligt ist, daher ist der mögliche Bau eines Parkhauses an der Rottachstraße sinnvoll. Wenn jetzt im Süden ein Parkhaus mit 365 Stellplätzen gebaut wird, trägt das nicht zur Stärkung des Nordens bei.
Das Problem Parksuchverkehr wird nur dann gelöst, wenn ein dynamisches Parkleitsystem, welches seinem Namen auch gerecht wird, installiert wird. 2008 hatte ich hierfür einen Vorschlag eingereicht.

Parken hat aber noch ein anderes Gesicht – das unerlaubte Parken in verkehrsberuhigten Bereichen wie z.B. Zwingerstraße, Auf dem Plätzle oder Rathausplatz. Ebenso in der Kottener Str. im Bereich Forum / Big Box oder auf der Fläche vor der Raiffeisenbank und jetzt auch wieder vor der Markthalle an Markttagen. Was wird dagegen getan?
Ein Ziel des Mobilitätskonzeptes besagt: „Die Fahrten des privaten Kfz Verkehrs innerhalb der Innenstadt sollen reduziert werden“ wie passt da die Erweiterung der TG Sparkasse dazu? Einerseits wollen wir den ÖPNV fördern und stärken, und auf der anderen Seite wollen wir Pkws möglichst bis zu den Geschäften vorfahren lassen. Das ist inkonsequent.
In einem anderen Ziel steht: „Rückgrat des Radverkehrsangebotes wird ein gut strukturiertes gesamtstädtisches Radverkehrsnetz mit Haupt- und Nebenrouten bilden. Bestehende Lücken werden identifiziert und beseitigt.“ Die Lücken sind schon lange bekannt und hätten seit Jahren geschlossen werden können, selbst Beschlüsse hierfür wurden nicht umgesetzt siehe Immenstädter Str. 2010 wurde ein Radweg beschlossen das einzige was bisher geschehen ist: man höre und staune die Realisierung wird jährlich weitergeschoben.
Der Gestaltungsbeirat hat vor knapp einem Jahr seine Tätigkeit aufgenommen. Die Einrichtung war eine gute Entscheidung. Projekte müssen so frühzeitig auf die Tagesordnung gesetzt werden, dass Vorschläge des Gestaltungsbeirates auch Berücksichtigung finden können. Negativbeispiel ist die Fasshalle und benachbarte Wohnanlage. Gut finde ich hingegen, dass man bei der Neugestaltung Stadtpark mit TG Sparkasse und Hospiz auf dessen Vorschläge eingegangen ist. Es wäre aber besser gewesen, den Gestaltungsbeirat zu einem früheren Stadium zu beteiligen.
Hinsichtlich Mobilfunk haben wir beschlossen: Ziel der Stadt Kempten ist es, die Immissionen des Mobilfunks für die Bürger der Stadt - unabhängig von Grenzwerten - vorbeugend zu reduzieren. Berücksichtigt wird dabei der bisherige, alte Stand der Technik zur Mobilfunkversorgung in Bezug auf Netzkapazität und Netzabdeckung. Wir sollten uns fragen, was wir alle dazu beitragen (können)? Fast jeder hier in diesem Raum hat diverse Geräte IPad, IPhone, Tablett usw. - alle müssen immer online sein, Parkgebühren sollen mit Handy bezahlt werden. Jetzt kostenlose WLAN Anschlüsse an öffentlichen Plätzen und Einrichtungen planen ist Irrsinn und raus geschmissenes Geld - außerhalb von Gebäuden ist der Betrieb von WLAN-Netzen gemäß Telekommunikationsgesetz vom 23.1.2016 nicht gestattet! Es gibt dann überhaupt keinen öffentlichen Rückzugsraum für Elektrosensible mehr. Innovative Ansätze für eine verbesserte, gesundheitsverträglichere Versorgung nach dem derzeitigen Stand der Technik sind bisher  unberücksichtigt geblieben. Kleinzellige, strahlungsarme Netzstrukturen im Stadtgebiet Kempten, stabil, sicher, schnell, mit höherem Datendurchsatz und -volumen bei gleichzeitiger Absenkung der Gesundheitsgefahren wären der Schritt in die richtige Richtung. Wann findet der von dem Sachverständigen des Umweltinstituts München, Herrn Ulrich, angeregte Runde Tisch mit den drei Mobilfunkbetreibern für den Aufbau eines gemeinsamen Kleinzellennetzes statt?
Der Haushalt 2017 ist solide, wir stimmen trotz dem fehlenden Willen auf Klimakompensation als Vorzeigestadt im Umweltschutz dem Beschlussvorschlag zu.

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